Pressestimmen zu »Integrier mich, Baby!«

Spiegel Online, Welt, Hamburger Abendblatt, Nordsee-Zeitung, Junge Welt:

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Drei Lehrer gibt es in ihrem „multi-musikalischen Integrations-Diskurs für alle“, sie stammen aus Nigeria, Kolumbien und der Türkei und haben bereits Erfahrung mit Integrationskursen herkömmlicher Art. Alle drei sind Laien, die La Hengst in einem Integrationskurs der türkischen Gemeinde in Hamburg-Altona getroffen hat. Jetzt drehen sie den Spieß um und leiten in der Garage des Thalia in der Gaußstraße, einer Nebenspielstätte des Thalia Theaters, einen Kurs, in dem nicht Wissen über deutsche Geschichte abgefragt wird, sondern die „Geschichte der Wanderung im Wandel der Zeit“. Kurs-Teilnehmer sind die Zuschauer, Lernziel ist das Erreichen einer „neuen Hyperkultur“. La Hengst tritt auf als „Integrette“, eine Art „Super-Heldin der Integration“. Damit das Ganze nicht zu didaktisch wird, wird auch viel Musik gemacht. La Hengst hat die Texte dazu selbst geschrieben, Ehrensache, schließlich begann ihre Künstlerinnen-Karriere als Musikerin der „Hamburger Schule“. Mit der Band „Die Braut haut ins Auge“ brachte sie es in den Neunzigern zu einiger Berühmtheit; seit 2000 hat sie drei Solo-Alben veröffentlicht.

Spiegel Online

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Da tanzten nämlich alle, Deutsche und Migranten, zwischen den Sitzbänken und Tischen in der Garage des Thalia Theaters in der Gaußstraße, während Bernadette La Hengst zur eingängigen E-Gitarren-Melodie leidenschaftlich forderte: „Integrier mich, Baby!“ Was wieder einmal bewies: Musik kennt keine Grenzen, zumindest Multikulti in Klängen funktioniert. [...] Nett der Gedanke, die Uhr ins Jahr 2033 vorzudrehen: Hamburg bewirbt sich als Integrationshauptstadt Europas, in Altona leben nur noch 20 Prozent Deutsche ohne Migrationshintergrund. Schaubühne ist ein Re-Integrationskurs, geleitet von Ali Özkan, Rosmery Schoemborn und David Willie Ubani, die das Publikum schon am Eingang in den Sprachen ihrer Vaterländer begrüßen und jeden samt einer Nummer fotografieren. Hintersinnige Political Correctness im Jahr 2011, in Zeiten von Asyl- und Flüchtlingsströmen …

Welt

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Schon für ihre Theaterarbeiten in Berlin, Bochum oder Freiburg arbeitete Bernadette La Hengst mit Laien zusammen, mit Obdachlosen für eine Bettleroper, mit Insassen eines Jugendknasts oder mit Bewohnern eines Altenheims. „Für mich ist das eine praktische, sinnliche Uni, im Leben und in der Kunst Menschen zu begegnen, die ich sonst nie kennengelernt hätte“, sagt sie. In „Integrier mich, Baby!“ wird sie auch neue Songs präsentieren. „Der Abend muss gut aussehen und sich gut anhören und Spaß machen, kurz, es muss rocken. Das ist, was ich am besten kann.“

Hamburger Abendblatt

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Mit dem „multi-musikalischen Integrations-Diskurs für alle“ brachte Bernadette La Hengst am Sonntag im Hamburger Thalia Theater in der Gaußstraße auch ihr erstes eigenes Stück auf die Bühne. Dafür zieht die Ex-Frontfrau von Die Braut haut ins Auge alle Register. Als Bernadette Integrette, eine Art Integrationssupergirl mit weißen Stiefeln und grauem Cape, wirbelt sie durch einen kahlen weißen Raum mit kleiner Bühne in der Thalia-Garage. Sie moderiert, singt zur Gitarre und zu Elektro-Samples, setzt sich einen beleuchteten Globus auf die blonde Hochsteckfrisur. [...] Mit Hilfe der Integrationslehrer Ali Özkan (Türkei), Rosmery Schoemborn (Kolumbien) und David Willie Ubani (Nigeria) und drei weiterer Schauspieler, die unter den Zuschauern sitzen, veranstaltet Bernadette La Hengst ein 90-minütiges Mitmachtheater inklusive Sprachkurs, Ratequiz, Videoshow, Spielszenen, Konzert, Erfahrungsberichten, ethnologischen Vorträgen, einer Voodoo-Zeremonie plus Abschluss-Disko. [...] Bei „Integrier mich, Baby!“ feiert sie mit Kollegen und Publikum tanzend die Integrationshauptstadt Hamburg. Leider ist das Zukunftsmusik.

Nordsee-Zeitung

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Eine Zuschauerin meldet sich, sie komme aus Kolumbien, habe aber einen deutsch-jüdischen Vater, dessen Deutschsein würde gerade noch anerkannt, ihres aber nicht, weshalb ihr Schauspielstudiensabschluss nicht anerkannt sei. Eine Frau aus dem Publikum steht auf und verliest einen wunderschönen Brief ihres türkischen Vaters an sein Heimatdorf, zwei Jahre nach der Anwerbung. […] Ein älterer Mann erzählt, er käme aus Nigeria, wo man vor keinem Fremden Angst habe, da viele immer im Ausland leben. […] Nun wird klar, dass die drei „Erzähler“ aus dem Publikum Schauspieler sind, die im Laufe des Stückes die Geschichten der Lehrer oben auf der Bühne spielen. Im Weiteren entschlüsselt sich, dass diese drei „Integrationslehrer“ in Wirklichkeit Laien sind, die Bernadette Hengst direkt aus noch laufenden Deutsch-Integrationskursen auf die Bühne geholt hat. Rollentausch also auch zwischen Darsteller und Objekt, der oder die Betroffene wird hier nicht nur als Sprechchor wie bei Götsch ins Spiel integriert, sondern zum eigentlichen Akteur, zum Subjekt, zum Lehrer fürs Publikum. Bernadette Hengst selbst, die sich das Ganze ausgedacht und arrangiert hat, spielt als „Integrette Bernadette“ im grau-türkisen Raumschiff-Orion-Kostüm eine zukünftige Superwoman, die jede Szene durch wild getanzte Chansons untermalt, mal als kleiner Falter auf der Bühnenleinwand herumflattert, in die jeweiligen Herkunftsländer fliegt und dort die Geschichten auch bildlich verortet, mal das Publikum zum Tanzen animiert. Man sieht: Es geht wild zu in diesem Integrationskurs. […] Es werden noch viele Einzelgeschichten erzählt, die den „richtigen“ „Deutschen“ ein wenig Weltkultur vermitteln sollen. Dies ist das Ziel des Integrationskurses Europa: Raus aus dem verschlafenen Blickwinkel eines einzigen Landes! Insgesamt also eine witzige, unterhaltsame und soziale Beziehungen fördernde Aufführung, in der das Publikum nicht mehr bloß Publikum ist, die Schauspieler nicht mehr bloß Schauspieler, die Laien nicht mehr bloß Laien sind und nur Bernadette immer Bernadette bleibt. Ideenreich und mit einer Stimme wie die frühe Nina Hagen. Unbedingt empfehlenswert!

Junge Welt

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