Der beste Augenblick – Review: Junge Welt

Junge Welt, 2002 | Von Connie Lösch

Der beste Augenblick in deinem Leben ist gerade eben jetzt gewesen. Darauf ist sie die alte geblieben und trotzdem ganz entschieden und gelassen eine neue geworden. Die Gitarre hat sie nicht in den Schrank gestellt, aber den Sampler aus der Schublade gezogen. Dadurch hat sie ihrem Rock’n'Roll die Rebellion bewahrt, gleichzeitig aber eine dickeLadung Sexiness in den Rhythmus geholt. Egal ob sich das eher ruhig oder aufrührerisch anläßt, Bernadette La Hengst hat ein sicheres Gespür für Songs, die einem mindestens den Tag, vielleicht aber auch das Leben retten.

Das liegt daran, dass sie keine Angst vor Traurigkeit kennt, diese aber vom Jammerlappentum alternder Diskurspopper zu unterscheiden weiß. Man kann auch vielschichtig dazu sagen – das gilt auch für die Texte auf „Der beste Augenblick“. Sie fangen beim Kleinen an und eröffnen Perspektiven aufs Grosse und Ganze: es sind mit Forderungen verbundene poppoetische Perlen, die Spaß machen, weil sie Hirn, Herz und Hintern in Schwingungen versetzen. „Der beste Augenblick“ macht glücklich, weil es keine verbissene Gewolltheit darauf gibt. Alles erscheint selbstverständlich und auf fröhliche Weise selbstbewusst und offen. Gleichzeitig explodieren die Songs vor geballter Energie, die nur entstehen kann, wenn jemand mehr will als lediglich gefallen. Das ist der Unterschied zwischen schön und toll. „Der beste Augenblick“ ist beides. Überlegt man sich, wie wenig andere Frauenacts sich das Recht nehmen, ohne Rechtfertigung zu agieren und wie sehr den wenigen, die es tun, genau das übel genommen wird, dann wird außerdem klar: „Der beste Augenblick“ ist ein Wunder.

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