Der Tagesspiegel, 2002 | Von Nadine Lange
Noch nie war Bernadette La Hengst mit einer Männerband auf Tour. Damit ihr das nicht so sehr auffällt, haben sich ihre beiden Co-Musikanten mit kurzen Blondhaarperücken, weißen Hemden und Schlipsen als Bernadette-Klone verkleidet - und ähneln sich mehr gegenseitig als ihrer Chefin. Die ist trotzdem ganz begeistert von den zwei schlaksigen Jungs, mit denen sie im Tourbus angeblich nur über Sex redet. Sexy geht es auch auf der Minibühne des schwitzend vollen Bastard zu: „I wanna make love in the rooms of a puff“, singt Frau La Hengst, schüttelt dazu kokett den Kopf und stöhnt kurz im Duett mit dem Bassisten.
Im ersten Moment klingt ihre Mischung aus Kitschpop, Achtziger-Sound und Neuer Hamburger Schule spaßig bis angetrasht. Dabei kann man leicht überhören, dass das alles ziemlich schlau ausgetüftelt ist und präzise gespielt. Die ehemalige Sängerin der inzwischen aufgelösten Die Braut haut ins Auge, springt hoch konzentriert zwischen Keyboard, Gitarre und Synthesizer herum. Mal schmachtet sie fast schlagerhaft ins Mikro, dann legt sie plötzlich kleine Angus-Young-Zappeleien hin. Ihr munteres Crossover präsentiert sie mit großer Ernsthaftigkeit, ohne dabei in die Blumfeld-Falle zu gehen und pathetisch zu werden.
Und sie hat Hits dabei! Der Titelsong ihres Debütalbums „Der beste Augenblick in deinem Leben“ (Trikont) ist eine wunderbare Pop-Perle mit gut dosiertem Sentimentalitätsanteil. Aber es geht auch härter: Als „unabdingbaren Aufruf zur Revolution“ kündigt die Wahlhamburgerin ihren Titel „Die da oben machen ja doch was wir wollen“ an, der ein bisschen nach Ideal plus Blur klingt. Er rockt so beschwingt nach vorn, dass man sich gut vorstellen kann, es auf einer Antiglobalisierungsdemo wiederzuhören. „Wir werden verlieren, wenn wir uns nicht organisieren, moblisieren, analysieren, formulieren“ singt Bernadette La Hengst. Da hat sie wohl Recht, denkt man. Kommt nicht bald Mister Bush nach Berlin? Sollten wir da nicht was organisieren, mobilisieren, analysieren?