Bernadette La Hengst begeisterte mit plietschen Elektrochansons

Mit unwiderstehlicher Präsenz füllte sie die Bühne der Hansastraße 48: Bernadette La Hengst

Kieler Nachrichten, 31. Oktober 2005 | Von Karen Jahn

„Ich habe Hunger“, singt Bernadette La Hengst, „ich bin niemals satt, ich bin gierig, übertrieben, unersättlich unzufrieden, es ist nie genug“, und gibt gleich eingangs eine Kostprobe davon, was das Publikum in der gut gefüllten Hansastraße 48 in den nächsten rund zwei Stunden zu erwarten hat. Mit unwiderstehlicher Präsenz füllt die Wahlberlinerin die Bühne. Keine Band stärkt ihr dabei den Rücken, La Hengst gibt ein Solo mit Groovebox und Gitarre. „140 Beats per minute schlägt mein Herz mich bis zum Limit“, rocken auf Plastik-Beats.

Ihre zweite Soloplatte hat sie mitgebracht, La Beat, tanzbar und catchy. Hier geht in’s Ohr in die Beine – und in’s Hirn. Kapitalismus, Globalisierung, Geschlechterklischees, bei La Hengst kriegt alles sein Fett weg. Ohne langweiliges Genörgel, sondern laut, humorvoll, beseelt und mit Grips. Und sie ist die Entertainerin, bringt das der Legende nach öde norddeutsche Publikum dazu, den 150-köpfigen Gospelchor zu geben. „Liebe“, singen sie links. „Geld“, antworten sie rechts, während La Hengst in Her mit der Utopie den Kompromissen den Garaus macht.

Aber auch Stücke ihres Solo-Debüts Der beste Augenblick in deinem Leben hat sie im Gepäck, wie etwa Die da oben machen ja doch was wir wollen - mittlerweile vielleicht heimliche Hymne der Antiglobalisierungsbewegung. „Und wir argumentieren, und wir analysieren, doch wir werden verlieren, wenn wir uns nicht organisieren“, singt sie. Keine leeren Worthülsen, denn La Hengst tanzt selbst auf vielen Hochzeiten, organisiert Kongresse zu alternativer Stadtplanung, stellt feministische Kulturfestivals auf die Beine und ist Mitglied der dadaistischen Künstlerkapelle Schwabinggrad Ballet.

Sie ist die ungezügelte Diva, eben 140 Beats per minute. Doch auch die kommt mal zur Ruhe und lässt mit ihrer warmen Stimme die Herzen schmerzen bei Akustikversionen von ‚Zug ohne Bremse‘ oder ihrer ‚Bar Europa’. Es ist nicht nur die Musik. Nicht nur ihre plietsch getexteten Elektrochansons machten ihr Konzert einmal mehr aus. Bernadette La Hengst ist Gesamtkonzept, sie fasziniert, ist Rolemodel für andere Musikerinnen, nimmt sich so unverkrampft ihren Raum. Mädels, gründet Bands, möchte man rufen. Die Welt braucht mehr davon!

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