www.laut.de | Von Oliver Lambrecht
Das zweite Album von Bernadette La Hengst ist ein Paukenschlag! Ohne Lärm, aber mit genug Druck, um wie der Herzschlag den Menschen am Leben, den Hörer bei Laune zu halten. Eine Standortbestimmung der geballten Schaffenskraft einer Künstlerin, Rockerbraut, Aktivistin, Dozentin, Mutter, Schauspielerin und nimmermüden Frau. Ausgestattet mit der Fähigkeit, niemanden zu verletzen, obwohl sie Inhalte direkt kommuniziert. „La Beat“ spannt von den ersten Gospel-Momenten in „La Beat Goes On“ bis zu den letzten cheesy House-Klängen in „Wissen Was“ einen ansprechenden Spannungsbogen. Auch wenn dieser auch mal unspektakulärere Momente offenbart.
Die über Hip Hop-Beats gestellten Fragen an die eigene Tochter in „Rockerbraut und Mutter“ bestechen mit Ehrlichkeit, ohne ins Pathetische abzudriften. Diese Leistung verzeiht sogar echt störende „Bohemain Rhapsody“-Kitschmomente gegen Ende des Liedes. Der nächste Song „Hunger“ hüllt sich als Lebensgefühl in ein erfrischendes wie simples technoides Sound-Gewand, dass selbst mit Loch im Bauch zu verführen weiß. „140 Beats per Minute schlägt mein Herz mich bis zum Limit!“. Ähnlich unbeschwert wippt „Warum Nicht 2″ in die Gehörgänge, treibt und mahnt an, aber „warum nicht?”
Die größten Momente des Albums enthält „Zug ohne Bremse“. Hier gelingt neben Gesang, Melodie und Text auch die perfekte Atmosphäre. Der Spannungsbogen führt mittels Cello und Geige ganz eng ans Herz und ins Glück. Das darauf folgende „Meeting Cybermohalla“ fällt mit seinem Interlude-Charakter ein wenig aus der Rolle. Das Zusammentreffen von jugendlichen Gesängen aus dem indischen Delhi mit einem Gameboy-Klanggerüst verläuft leider ähnlich spannungsarm, wie der hundertste Durchlauf des Level 1 von Super Mario Land. Andererseits: Wo, wenn nicht an dieser Stelle, ist eine kurze Verschnaufpause angebracht?
Hinter „Globe“ verbirgt sich eine Mischung aus dem Intro der Talkshow Ricky (kennt die noch einer?), dem „Oh Oh“ der Teletubbies und softem Elektro-Gefrickel. Die allesamt erwähnten „talk about“-Themenvorschläge eignen sich hervorragend für stundenlange Kontroversen, aber garantiert nicht für „Globe“-alisierungsgegner (Man möge mir dieses Wortspiel bitte verzeihen!) Wem das alles nicht reicht, dem könnte „Her mit der Utopie“ aus der Seele sprechen, die anderen dürfen (sollten aber nicht) das Lied bis zu „Nie Mehr Vor Mittag“ verschlafen, ein reizender Soll/Ist-vergleich unterlegt mit Chor, Gitarre und Glockenspiel. Nur der Schwur „Nie mehr vor Mittag aufstehen!“ erscheint bei einer solch umtriebigen Künstlerin wie Bernadette La Hengst schwer nachvollziehbar.
Mit „Krachgarten“, das weniger krachend und mehr verträumt vor sich hin blüht, und „Wissen Was“ samt Ansage „Du solltest wissen was du willst, solltest wissen was du nicht willst!“ klingt „La Beat“ auch mit cheesy House wieder sanft aus. Es bleibt die Gewissheit, dass ein solches Album in jede gut sortierte Plattensammlung gehört. Du musst nur: Wissen was du willst.