Magdeburg online, 2002 | Von Stefan Pannor
Bernadette La Hengst kennt man vielleicht noch von der längst verblichenen Popband Die Braut haut ins Auge, vielleicht bringt der eine oder andere sie sogar mit jenen Tagen in Verbindung, als sie – zusammen mit u.a. Jochen Distelmeyer und Bernd Begemann – zum Umfeld des Fast-Weltweit-Labels gehörte. Anyway … those were the days, und wenn sich ein Künstler respektive eine Künstlerin in den letzten Jahren vom langen Schatten der Vergangenheit gelöst hat, ohne sich selbst untreu zu werden, dann sicher Bernadette La Hengst auf ihrem ersten Soloalbum.
Liebe und Politik, Ironie und tiefe Melancholie sind die Eckpfeiler von „Der beste Augenblick in deinem Leben“, ein ausgesprochen fluffig-leichtes Elektropop-Album. In eine Schublade etwa mit Paula lässt sich Bernadette aber dann doch nicht stecken, zuviel Gefühl und intellektuelles Verständnis brodelt unter der glatten Oberfläche. Da werden politische Parolen der Ton Steine Scherben mal eben umgeschrieben und neugedeutet in „Die da oben machen ja doch, was wir wollen“ und „Der beste Augenblick in deinem Leben“ ist zweifellos jetzt: „Vergangenheit wird aufgeklärt mit Arroganz der Gegenwart, wir denken, wir sind klüger jetzt und Rebellion ein schlechter Witz. Wir haben uns noch nie gefragt, als wir noch kein Gesicht, ob wir genauso leben wollen oder lieber nicht.“ Brecht und Blumfeld, Johnny Cash und Dada stehen textlich Pate, machen die Songs zu labyrinthischen Rätselspielen, ohne dass sie ihre Clubtauglichkeit verlieren.
Bernadette schöpft unbefangen aus dem Vollen, und sie schöpft Ohrwürmer im Dutzend. Es ist ein wenig aus der Mode geraten, ein Album als „wichtig“ zu bezeichnen, trotzdem ist „Der beste Augenblick“ genau das. Mögen ihm noch viele solche Augenblicke folgen.