taz, 2002 | Von Susanne Messmer
Bernadette La Hengst hat schon bei vielen Songs von Rocko Schamoni mitgesungen – auch auf seiner Platte ist sie wieder dabei. Anfang der Neunziger schon sang sie mit ihrer Band Die Braut haut ins Auge, einer der witzigsten Frauenbands des Landes, theatralische Lieder über Betten, die stinken, und Aschenbecher, die husten. Auf ihrem ersten Soloalbum „Der beste Augenblick in deinem Leben ist gerade eben jetzt gewesen“ treibt sie eine ähnliche Idee wie Rocko Schamoni an. Auch sie will politisch bleiben, aber dabei glatt werden wie ein Babyarsch.
Bei ihr gibt es Stücke, die klingen wie der Konzeptpunk der Goldenen Zitronen, dazu singt La Hengst: „Sie haben nichts, was mich hier hält in ihrer Erwachsenenwelt“. Das Ganze allerdings im Ton der Juliane Werding, als ginge es um die klassischen Schlagerthemen Herz, Schmerz, Heimat und Fernweh. Ein nächster Song trabt daher wie Discofox, dieser Rhythmus, der rappelt wie Wohnzimmerstudio. Dazu singt sie wie Annette Humpe: „Dies ist ein Lied, das ich schrieb für alle, die ich hinter mir ließ.“
Bei Bernadette La Hengst geht es um begehrenswerte Frauen, die Männer verbrauchen, um Selbstmörderinnen und ewige Reisende. Über alle singt sie, als wäre es ihr egal, bezirzend arrogant. Für sie ist der Schlager das Reservat für alles, was der bürgerliche Alltag nicht zu bieten hat, was ihm aber auch nicht gerade den Boden wegzieht. Da gehört Aufruhr rein, meint sie. Genauso wie in den verkümmerten Sexappeal des politischen Liedguts. Dem setzt La Hengst eine hanseatische Distanz zu sich selbst entgegen. Ihre Lieder sollen flutschen. Schluss mit der ollen Bescheidenheit in der Szene. Bernadette La Hengst geht es wie Rocko Schamoni darum, sich über korrekte Punks und den moralischen Habitus der Altachtungsechziger lustig zu machen, aber auch darum, dem verkopften Diskurspop der Hamburger Schule ein bisschen Schick zu implantieren. Sie wollen raus aus den selbst gebastelten Nischen, aber deshalb noch lange nicht rein in den Fettnapf Schlager.