Der innere Innenminister – Pressestimmen

nachtkritik.de, taz, Neues Deutschland:

[…] Eine Mischung aus Hörspiel, Performance und Konzert. Claudia Wiedemer […] managt als toughe Therapeutin das Bühnengeschehen, bis sie selbst die Stimme der britischen Innenministerin hört. Europa sicher leben, Schäubles Programm für die deutsche EU-Ratspräsidentschaft 2007, vervielfacht die internen Kontrollinstanzen. […]

Einen cleveren Streich spielen Müller-Klug und La Hengst dem passiven Publikum, das die Selbsthilfegruppe darstellt und nicht um seinen Lerneffekt gebracht werden soll. Am Eingang war man gebenten worden, von einem Blatt Papier ein einzelnes Wort abzulesen und in ein Diktiergerät zu sprechen. »Ich«, sage ich und siche mir einen Platz im Stuhlhalbkreis. Als die Aufnahme zum Stückende abgespielt wird, höre ich, dass ich mich mit meiner vorläufigen Entmündigung einverstanden erklärt habe. Wie schön, keine Verantwortung mehr, nicht mehr Rechenschaft ablegen müssen – wir können Tag und Nacht tanzen, suggerieren unsere Tonbandstimen.

Doch das bekomen wir nicht durch bei Claudia und Bernadette, die im Abschlusssong weniger Freizeit und mehr selbst verantwortete Freihheit fordern. »Sensationell«, muss sa sogar IM Schäuble zugeben, »ich fand’s ganz toll« – »Applaus, Applaus«. Den gibt es reichlich. Nicht nur für die Volte zum Schluss, sondern für durchgängig unterhaltsames, engagiertes Theater.

Elena Philipp, nachtkritik.de, 14.05.09

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Man könnte dem gesampelten Minister fast Sinn für Humor unterstellen – aber die abgründige Komik des Stücks geht doch eher auf das Konto La Hengst/Müller-Klug. […] Dabei ist es eigentlich ein ganz charmanter Gedanke, Schäuble sei nur eine paranoide Wahnvorstellung. Was genau der Minitrojaner jedoch vorhat, bleibt sein Geheimnis. Will er wissen, was die Gegenseite so plant? Oder sich als Freund und Helfer inszenieren?

Seine Methoden jedenfalls sind klar: Er mischt sich in Dinge ein, aus denen er sich besser heraushalten sollte und kommentiert ungerührt, was ihn nichts angeht – ganz wie im wirklichen Leben. […] schließlich hört sogar das Publikum eine ganze Kakophonie von inneren Stimmen. Vielleicht sind die neuartigen Überwachungstechniken bereits in unseren Alltag vorgedrungen. Gerade noch Treffpunkt einer Therapiegruppe, könnten die Sophiensaele auch schon eine innenpolitische Versuchsanstalt sein. Sind wir nicht alle ein bisschen schizo?

Patricia Hecht, taz, 14.05.09

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Der vom Hauptstadtkulturfonds geförderten Produktion liegt eine hervorragende Idee zugrunde, mit Politik künstlerisch umzugehen. Auch wenn man einräumen muss, dass der Innenminister selbst die Vorlage lieferte. Toll, so über mehr oder weniger fiktive Überwachungstechnologien zu erzählen und das Thema zu brechen. […] Das Lachen erhebt sich über das Überwachen und frisst ihm damit die wesentliche Nahrung an Angst und Unsicherheit weg.

Lucía Tirado, Neues Deutschland, 04.06.09

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