Intro 10/2005 | Von Michael Schneider
Und der Beat geht weiter. Oder besser „La Beat“, so nämlich der schlichte Titel des ganz und gar unschlichten, vielmehr extrem vielgestaltigen zweiten Soloalbums von Bernadette „La“ Hengst. Und diesmal ist es nicht der 60s-Beat ihrer ehemaligen Band Die Braut Haut Ins Auge, der hier voll die Schlagkraft entwickelt, sondern ein innovativ hybrider und mitunter harter Beat. Und der ist nicht nur toll tanzbar, sondern spiegelt in seiner flackernden, stampfigen Nervosität - quasi als mythenreiche Hintergrund-Kulisse - auch die Unruhe des neoliberalen Auf-und-ab-Terrors wider, über den die Agitprop-Chanteuse hier dauernd so singt, gipfelnd in der tragikomischen Zeile: „Willst du lieber meinen Hunger oder meinen Durst?“
La Hengst hat „La Beat“ fast alleine geschrieben und produziert und das Kunststück vollbracht, ihre Beats dennoch nach ganz viel Kollektivität klingen zu lassen - und das nicht nur wegen der vielen Gastmusiker. „Kollektivität ist ein Thema des Albums“, sagt sie. Allein die Geschichte des grandios-zitatreichen Stücks „Copy Me“ sprengt leider den Platz hier: Mittels des Samples eines koreanischen Bauern, aufgenommen während einer WTO-Demo, kommentiert sie die Copyright-Problematik von Sampling überhaupt, usw. usf. Form und Inhalt flirten sich hier dauernd gegenseitig an. Der Refrain des Stücks passt z. B. super zu der beeindruckend utopischen Gedanken- und Musikwelt, die dem aufregenden Album zugrunde liegt: „Ich bin eine Idee und gehöre keinem.“ Was nicht bedeutet, dass es hier nicht auch wirklich packend und emotional zugehen würde, inkl. persönlichem Schmerz der Künstlerin selbst. Die Ups & Downs sind hier auf allen Spuren, und sie sind ergreifend.